Unsere Ferien von der Auszeit auf der AIDA
Uns ist durchaus bewusst, dass man nicht genau verstehen kann, warum wir nun in die Ferien fahren, wo wir doch seit Mai Ferien haben. Nun, manches muss nicht für alle offensichtlich sein… Menschen wie wir sind halt etwas anders.
Hier gehts zum Blog
Unsere Reise führt uns auf die AIDAcara, eine zweiwöchige Kreuzfahrt von den Kanarischen Inseln über die Kapverden wieder zurück auf die Kanaren. Einerseits haben wir dieses Ziel gewählt, weil es dort so um die 26 Grad sein wird und andererseits, weil wir uns einfach verwöhnen lassen möchten. Von unserem Bordalltag entfliehen. Nicht selber Kochen und Abwaschen…
Und zum anderen möchten wir natürlich unseren Horizont erweitern und die verschiedenen Inseln der Kanaren kennenlernen. Die Kanaren gehören zu den Perlen des nordatlantischen Ozeans. Zu diesen Perlen gehören auch die beiden Archipel Azoren (Westküste Portugals) und Madeira (vor der Küste Marokkos) sowie die kapverdischen Inseln (vor der afrikanischen Küste höhe Mauretanien und Senegal).
Und natürlich verfolgen wir den Start der jetzt statt findenden der Transatlantiküberquerungen. Das Wetter für die Transat-TeilnehmerInnen schaut perfekt aus. Der Passat scheint eigens für sie zwischen 20-30 Knoten zu wehen, die Wellen sind zwischen 2-3m hoch. Wir hoffen, dass dieser Passat beständig weiter alle Boote Richtung Westen fegt und wünschen an dieser Stelle allen eine grossartige Zeit, allzeit Mast- und Schotbruch und selbstverständlich - fair Wind!
Wir sind also am Montag über Madrid nach Gran Canaria gereist. Ein Direktflug von Valencia nach Las Palmas gibt es nicht, alles fliegt über den Hub-Flughafen Madrid. Alternativ kann man innerhalb Spaniens mit dem RENFE Schnellzug analog zum TGV fahren. Wir haben für eine Strecke von 300km lediglich 1 ¾ Stunden benötigt. Der Schnellzug ist ein Treffpunkt von Geschäftsleuten, zumindest waren wir umzingelt von diesen am frühen Montagmorgen. Ein erster Kulturschock. Alle um uns herum waren adrett und korrekt gekleidete Business-Leute, die die Zeit während der Fahrt zum emsigen Laptoparbeiten nutzten und extrem geschäftig und beschäftigt waren. Oder auch nur so taten.
Wir fühlten uns jedenfalls wie Fremdkörper mit unserem Sport-Ferien-Outfit, obwohl wir vor nicht allzu langer Zeit auch noch ein Teil dieser stressigen Arbeitswelt waren…
Wir sind beeindruckt, wie gut und klar verständlich alles in Spanien funktioniert und wir pünktlich am Flughafen ankommen. Der Flug auf die Kanaren verlief völlig ereignislos und unser erstes Mal, dass wir mit einem Abholschild „AIDA“ in der Ankunftshalle abgeholt wurden. Normalerweise sieht man nur andere Menschen, die mittels Schild erwartet werden. Auch hier alles professionell organisiert. Das ist schon speziell, aber war sehr nett und die Damen von AIDA sind selbstverständlich äusserst charmant. Und so sind wir 30 Min. später bereits an Bord unseres Ferienhotel-Schiffs AIDAcara. Unsere Kabine ist bezugsbereit, allerdings leider bereits etwas in die Jahre gekommen. Erste Ernüchterung macht sich breit. Haben wir doch irgendwie die Bilder aus „Traumschiff“ vor Augen. Es ist ein kleines Hotelzimmer mit Mini-Bad mit Dusche. Alles ist hochfunktionell und komprimiert konzipiert und durchdacht. Also eigentlich wie bei uns an Bord. Allerdings muss hier fairerweise angemerkt werden, dass das Schiff bereits 19 Jahre auf dem Buckel hat und dementsprechend auch Gebrauchsspuren hat. Nun ist allerdings höchste Zeit das kulinarische Angebot zu Testen.
Die AIDAcara ist das Mutterschiff der AIDA-Flotte und zählt, gemessen am heutigen Standard als ein kleineres Kreuzfahrtschiff:
Schiffsdaten:
Länge 193,34m
Breite 27,6m
Tiefgang 6m
11 Decks
Antrieb: Diesel mechanisch
Zwei Bugstrahlruder, kein Heckstrahler
Elektrische Leistung: 21,720 kW
Total Passagiere: ca. 1‘000
Crew: ca. 400
Die Wege auf dem Schiff sind nicht sehr weit und unser erster Eindruck von den beiden Selbstbedienungsrestaurant ist: jeweils ein riesiges Migros oder Coop-Restaurant mit allerlei Leckereien. Wir wollen uns allerdings den Hunger für das Abendessen (Vorfreude) nicht verderben und halten uns zurück. Man kann sowieso nicht alles, was angeboten wird essen, selbst wenn man möchte. Und an jeder Ecke wird man darauf hingewiesen, dass um 20.30 Uhr die Seenotrettungsübung stattfindet.
Die Rettungsübung findet pünktlich statt und wir stehen wie Styropormännchen zusammen mit den anderen Passagieren an unserem Abbergungspunkt und warten auf das Ende der Rettungsübung. Die Rettungsweste ist echt gewöhnungsbedürftig. Es ist als würde man sich ein Riesenstück Styropor an den Körper binden. Man ist irgendwie verloren in diesem Styropordings und fühlt sich wie ein Michelin-Männchen. Ausser dem Gehen sind weitere Bewegungen nur erschwert möglich, der Sichtkontakt zu den Füssen unmöglich. Auch das Atmen ist nicht ganz so einfach. Das Dings würgt ganz schön und wärmt auch ziemlich.
Also hoffen wir inbrünstig, dass wir diese Rettungsweste nie benötigen. Auch wenn man damit an der Wasseroberfläche ganz sicher wie eine Flaschenpost vor sich hin schaukelt.
Zu den Buffets gibt es nicht viel zu berichten. Es gibt reichlich Auswahl für alle Geschmacksrichtungen und auch für Vegetarier und Diabetiker etc. Und da man ab 07.00 fast ununterbrochen bis 00.00 Durchfuttern kann muss natürlich die Nachtzeit irgendwie überbrückt werden. Notfalls gibt es noch einen bordeigenen Shop, bei welchem Schoggi, Chips erworben werden kann – falls man noch ein Hüngerchen verspüren sollte… Es wurde uns prophezeit, dass wir mit Durchschnittlich 3-5 kg mehr nach diesen zwei Wochen nach Hause reisen werden. Lassen wir uns überraschen.
Das erste Auslaufmanöver ist natürlich super spannend. Aber wir sehen grosse Schiffe auch tagtäglich in Valencia, so dass es für uns halt irgendwie bereits Alltag ist. Der erste Stopp am nächsten Tag führt nach San Sebastian auf der Insel La Gomera. Dies ist die Insel der Künstler und Aussteiger.
San Sebastian ist die kleine aber süsse Hauptstadt und ist wunderbar fröhlich gestaltet. Hier trinken wir an einem perfekten Schattenplatz ein Cerveza und ein Café con Leche und geniessen zufrieden unser friedliches Dasein. Fehlt nur noch jemand, der uns hinter den Ohren krault. *Schnurr
Die „weisse Lady“, wie der Kapitän sein Schiff liebevoll nennt, legt um 18.00 Richtung Süden gegen die Kapverden ab. Für uns heisst das, zwei Tage einleben und uns an den Schiffsalltag gewöhnen. Das Bordleben wird von den Essenszeiten diktiert, denn Essen kann man doch nicht ständig. Das mussten wir „schmerzlich“ erfahren. Die Restaurants haben Öffnungszeiten und zwischendrin ist keine Nahrungsaufnahme möglich. Nicht dass das tragisch wäre, aber ist halt schlecht, wenn man zur Unzeit Frühstücken möchte.
Die Tage an Bord verfliegen wie im Flug und da wir Rückenwind haben, ist die Überfahrt entspannt und ruhig, bei nur ca. 2-3m Wellen. Wir sind vorfreudig, in Mindelo soll unser Schnuppertauchen stattfinden. Um etwas Action zu haben, haben wir einen Schnuppertauchkurs von einem Tauchboot aus gebucht. Die Wellen sind nach wie vor 2-3m und der Wind bläst mit so 5-6 BF. Wir freuen uns auf das Geschaukel auf dem Tauchboot und die neue Erfahrung. Natürlich hatten wir im Pool an Bord ein erstes Eintauchen und die Erklärung des Tauchgerätes etc. Aber für Nicht-Taucher ist das nicht so spannend…
Nach kurzem Fussmarsch durch den Hafen von Mindelo werden wir schon von den Einheimischen Rund um den Zollbereich begutachtet und gegrüsst. Die Kapverder sind alle freundlich und nicht aufdringlich. Klar fragen sie nach Geld oder Badetüchern(!), aber sie lassen einem in Ruhe, wenn man nichts gibt. Kurz darauf kommen wir auch schon in der Tauchbasis an und steigen dann auf ein Tauchboot um. Es folgt eine fröhliche Wellenfahrt zum Tauchplatz, wo wir unsere Ausrüstung anlegen - und mit einer Rolle rückwärts ins Wasser müssen.
Ach du Herjeeminee! Damit hatten wir nun eigentlich nicht gerechnet. Gleich ins Tiefe Wasser mit einer Rolle rückwärts und der gesamten Ausrüstung am Rücken? Unser Adrenalin steigt dramatisch an - was haben wir uns da bloss bei gedacht? Wir wollten doch nur Tauchen gehen.
Aber es bleibt uns nichts anderes übrig und so wagen wir die Rolle ins Wasser. Schwupps und schon ist man unter Wasser. Kurzer Moment der Panik überkommt einem schon, wenn man eigentlich atmen muss, obwohl man unter Wasser nicht atmen kann. Doch unsere Tauchlehrerin Jasmin ist der Profi und beruhigt uns sofort. Einatmen – ausatmen – einatmen – ausatmen.
Den Tauchgang an und für sich können wir nicht so wirklich geniessen. Wir sind viel zu sehr mit uns beschäftigt. Die Taucher unter Euch, die dies lesen, können sich das bestimmt gut vorstellen. Wir waren mehrheitlich, also eigentlich ausschliesslich, mit dem Tarieren beschäftigt und natürlich mit dem Atmen. Sibylle spielte dauernd Flipper – sie drehte sich immer um ihre eigene Achse und Patrik war unser Darth Vader. Es war ein gutes und eindrückliches Erlebnis! Und zwar so gut, dass wir hier an Bord unseren Tauchschein machen werden.
Doch zuerst heisst es eine Insel weiterzureisen – nach Praia auf Santiago. Diese Insel hat eine traurige Vergangenheit. Sie verdankte ihre Blütezeit im 16. und 17. Jahrhundert der zentralen Rolle im internationalen Sklavenhandel. Zehntausende Westafrikaner wurden damals via Santiago nach Europa oder Südamerika verkauft.
Auch deswegen haben wir uns dafür entschieden, eine Inselrundfahrt zu machen, um das Land etwas anzusehen und einen ersten eigenen Eindruck zu erhalten, soweit das an einem Tag überhaupt möglich ist.
Die Inselbewohner sind überglücklich. Es hat geregnet. Das ist etwas ganz besonders, da Regen rar ist. Im Jahr 2015 hat es bereits d r e i M a l geregnet. Im Gegensatz zu 2014, da hatten sie null Niederschlag und dementsprechend auch keine Ernte. Auf den Kapverden kann nur geerntet werden, wenn es regnet. Allerdings haben wir auch rausgehört, dass 3x Ernten pro Jahr doch ziemlich viel Arbeit ist und es jetzt auch reicht mit dem Stress.
Trotzdem hört man an jeder Ecke: „Habt Ihr gesehen? Es hat geregnet!!!“. Da kriegen wir wieder mal einen Eindruck davon, wie kostbar Wasser wirklich ist.
So als Vergleich: auf der AIDAcara mit ca. 1‘400 Personen Bord wird pro Stunde 10 Tonnen Wasser produziert…
Die Menschen auf der Insel sind alle fröhlich und sind definitiv noch nicht so verwöhnt wie wir. Sie leben auf der Strasse, die Kinder spielen dort und leben den afrikanischen Familienstil. Die Frauen scheinen diejenigen zu sein, die für den Lebensunterhalt zuständig sind. Kühe, Ziegen, Schweine, Esel, Enten, Hunde, Katzen und Hühner leben auf und neben der Strasse. Denen ist auch der Autoverkehr egal und bleiben seelenruhig mittendrin sitzen. Da die Tiere scheinbar jemandem gehören, werden sie auch nicht überfahren. Lediglich die Esel sind angebunden…
Unser Fahrer hupt jedem und allen zu, winkt und ruckelt über die Insel. Um für sein Handy eine
Halterung zu haben, müssen die Wärme- und Belüftungsregler herhalten. Da der Bus über keine Klimaanlage verfügt, spielt es auch keine Rolle, dass dadurch mit Volldampf in den Bus geheizt wird. Heiss ist es sowieso und ob es dadurch etwas wärmer ist, merkt ausser wir Touristen sowieso keiner. Die Kinder sind offen und winken uns Touristen freudig zu und wir winken fröhlich aus den offenen Fenstern zurück. Als Ausflugsbusse wurden kurzerhand die inseleigenen Linienbusse umfunktioniert. TÜV und Co. scheinen hier nicht nur sprichwörtlich Meilenweit entfernt zu sein.
Wir besuchen den botanischen Garten und sind doch etwas erstaunt - es sind halt Pflanzen, die da wachsen. Punkt. Vor dem Garten haben sich Einheimische versammelt, welche auf die Abgabe unserer Lunchboxen hoffen. Da wir keine Lunchbox dabei hatten, guckten wir uns halt alle etwas ratlos an und wunderten uns, was die von uns erwarten. Unser Reiseführer hat uns dann aufgeklärt.
Danach erlebten wir das quirlige Leben in Assomada und schauen uns den Markt im Ort an und beäugen skeptisch das Fleischangebot und der dargebotene Fisch. Die Farbenpracht, und auch immer wieder ein Hingucker, wenn die Frauen die schweren Lasten auf ihren Köpfen balancieren.
Weiter ging es zum ehemaligen Konzentrationslager. Das war auch ein düsteres Kapitel der portugiesischen Regierung. Die einheimischen Reiseführer haben erzählt, dass Gefangene mit Einzelhaft bestraft wurden und zwar in einem 1.20m hohen fensterlosen Zwischenboden unterhalb der Küche. Die Gefangenen wurden absichtlich den Kochgerüchen ausgesetzt, bekamen jedoch ausschliesslich trockenes Brot zu essen. In der Regel dauerte diese besondere Haft bis zu drei Monaten. Bei der Besichtigung der Gefangenbaracken sollte Kopfkino tunlichst vermieden werden.
An diesen Orten ist ein ganz spezieller Spirit zu spüren und wir sind dankbar und froh, als wir uns wieder in der Freiheit befinden. Das KZ war bis anfangs der 1970 in Betrieb, also noch nicht lange geschlossen. Die Regierung nannte es allerding einfach ein „politisches Gefängnis“.
Nun fahren wir weiter nach Praia, wo wir uns den wunderschönen Fischerstrand(hafen) ansehen und echt wahr - der Strand ist einfach ein Traum. Das Wasser ist um die 28 Grad und sieht einfach perfekt aus. Hier erhalten wir ein typisch kreolisches Mittagessen mit Fisch und Hühnchen mit Reis und Salaten.
Unser Fazit: Die kapverdischen Inseln sind auf jeden Fall eine Reise wert. Man sollte allerdings nicht mit europäischen Erwartungen hinreisen. Andere Länder andere Sitten – wie jeder Reiseführer es treffend beschreibt, es ist bereits ein Stück Afrika.
Und schon sind die beiden Tage auf den kapverdischen Inseln wieder vorbei und wir befinden uns quasi bereits auf dem Rückweg zu den Kanaren. Zwei Seetage gegenan (gegen Wind und Wellen) stehen uns bevor. Wir freuen uns auf etwas Geschaukel. Gegen das Rollen werden zwei Stabilisatoren ausgefahren und das Stampfen (die Nickbewegung des Schiffs) ist halt gegeben. Nach einem halben Tag hören wir schon wie sich die ersten Gäste beschweren, dass es Seegang hat und das Schiff schaukelt. Dabei schaukelt es nur so ein wenig. Wir finden das sehr angenehm und fühlen uns heimisch. Das Schaukeln ist aber schon anders, da das Schiff im Vergleich zu unserem Böötli langgezogene und sanfte Bewegungen macht.
In den zwei Seetagen müssen wir Tauchtheorie büffeln – doch leider hat Sibylle was Schlechtes auf den Kapverden gegessen und wird ausser Betrieb gesetzt. Da es am zweiten Tag nicht besser wird, muss der Schiffsdoc zu Rate gezogen werden. Sibylle wird an den Tropf gehängt und nach der regulierenden Flüssigkeitszufuhr in der Kabine unter Quarantäne gesetzt. Bei Durchfallerkrankungen wird automatisch eine Quarantäne verhängt, da man eine Ausbreitung der Krankheit auf jeden Fall vermeiden möchte. Verständlich, aber blöd. Das Essen wird eigentlich auf die Kabine gebracht, ausser der Roomservice stellt es dem Nachbarn vor die Tür. Sibylle hatte schon die Befürchtung, Schonkost sei Nulldiät. Der Kabinennachbar war jedoch so freundlich und klopfte abends um 20 Uhr an die Tür und brachte das Mittagessen vorbei… Nach einem Tag war der Aussetzer auch schon fast wieder vorbei und am nächsten Tag wurde die Quarantäne aufgehoben.
Glücklicherweise blies der Wind auf La Palma zu stark, so dass der Tauchgang nicht stattfinden konnte. So hatten wir mehr Zeit zum Lernen (und Gesund werden). Ausserdem standen auch noch die Tauchübungen im Pool an, die vor den weiteren Tauchgängen absolviert werden müssen. Das ging unterwegs auf dem Schiffspool nicht, da das Stampfen zu grosse Wellen im Pool erzeugt hatte.
Wir machen hier einen Unterbruch und werden im Neuen Jahr weiter über die Stationen unserer Kreuzfahrt und die Tauchausbildung berichten.
Bis dahin werden wir die Festtage daheim mit unseren Liebsten verbringen. Von Herzen wünschen wir allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch in ein gesundes, gesegnetes und glückliches 2016!