Pünktlich um 04.45 lösen wir die Bojen-Leinen vor Formentera und fahren raus in die dunkle See Richtung Westen. Die See ist ruhig und wir halten gut Ausschau auf Fischer und deren meist schlecht sichtbaren Netze.
Langsam erwacht der Tag und es ist immer wieder ein unvergleichlich schönes Erlebnis den Tag zu begrüssen. Bald soll der Wind kommen.
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4 Stunden später warten wir immer noch auf den vorhergesagten Wind, der uns Richtung Denia bringen soll. Doch leider meint es Aiolos heute nicht gut mit uns und wir fahren die knapp 70 Seemeilen unter Maschine. Nun denn, lieber kein Wind als kein funktionierender Motor. Und so sind wir zeitig am Ziel. Denia ist ein hochfrequentierter Hafen, der drei Sportboothäfen und ein Fährhafen beheimatet. Der Funkverkehr der reservierten Marina (Marina de Denia) ist ebenfalls lebhaft. Wir hören mit und stellen mit Freude fest, dass die Mitarbeiterin am Funk super Englisch spricht. Doch wie es scheint, just in dem Moment, als wir uns (an)melden, ist die englischsprechende Mitarbeiterin in die Mittagspause gegangen. Wir werden auf Spanisch per Funk auf „Stand by“ angewiesen und kreisen 30 Min. in der Marina umher. Nachdem wir mitgekriegt haben, dass alle Spanier umgehend einen Platz bzw. der Marinero beim Anlegen hilft, fühlten wir uns etwas verloren und nicht sehr willkommen. Also melden wir uns erneut und siehe da, wir wurden erhört und haben einen Miniplatz zum Anlegen zugeteilt erhalten. Wir waren darüber sehr erstaunt, dass wir beim Anlegen nachgefragt haben, ob der Platz evtl. etwas zu klein für unser Boot sein könnte. Doch der Marinero hat nur abgewinkt und gemeint, alles gut.
Wir sind dann nach üblicher Bootswaschtour etc. in die Capitania und haben uns angemeldet. Die Mitarbeiterin war überrascht als sie unseren Standplatz sah und meinte: „Your boat is too big for this mooring, please move to berth XX at Pier XX“. Wir wurden gebeten erst in ca. 30 Min. den Platz zu wechseln, da die Marineros durch eine Regatta erst dann Zeit hätten. In der Tat, ein Regattaboot nach dem anderen lief ein. Ein riesen Gewusel.
Nach 30 Min. Wartezeit - wir sind ja rücksichtsvoll – sind wir wieder an den Funk und haben gemeldet, dass wir jetzt den Platz wechseln und Hilfe beim Anlegen benötigen. Und wieder wurden wir auf „Stand by“ gesetzt. Ahja – das kannten wir nun schon. Nach 5 Min. hatten wir aber keine Lust mehr zu Warten, immerhin war es schon halb acht. Wir hatten Hunger und wollten uns die Beine vertreten und etwas Denia Erkunden. Ausserdem waren wir eh schon etwas genervt, weil wir jetzt doch noch den Platz wechseln mussten – und durch die Mooring erneut ein schmutziges Deck erhalten würden.
Also haben wir ohne Marinero angelegt – und das lief super. Das war auch besser so, denn wer Sibylle kennt weiss, wie unleidlich sie bei Hunger werden kann! Ohne Selbsthilfe würden wir wohl bis heute auf „Stand by“ und würden auf Anlegehilfe warten.
Marina de Denia ist in sich selber ein süsses Marina-Dorf ausserhalb der eigentlichen „Stadt“ Denia. Innerhalb eines Umkreises von 2-3km sind etliche Restaurants aller Geschmacksrichtungen vertreten. Wir entscheiden uns für einen Chinesen. Heute muss es schnell gehen, Hunger herrscht!
Wir werden nicht enttäuscht, der Chinese ist schnell, gut und erst noch günstig. Und so fallen wir herrlich satt ins Bett und schlafen wie in Abrahams Schoss. So eine ruhige Marina hatten wir, gefühlt seit Slowenien nicht mehr. Sensationell.
Nun hatten wir das Projekt „Evaluierung der Überwinterungsmarina“ vor uns. Wir haben dafür Richtung Süden bis Torreveieja und in Richtung Norden bis nach Valencia die Fühler ausgestreckt. Wir haben uns einen Mietwagen genommen und sind mal wieder durch die Gegend Küste auf- und abwärts gebraust.
Die Spanier, also die Festlandspanier fahren meist ältere Kutschen. Auf Spanisch heisst Auto „Coche“, so dass man die Autos mit gutem Gewissen Kutschen nennen darf. In Spanien wird auf Neuwagen eine Luxussteuer von 11% zusätzlich auf die bereits zu bezahlenden 21% MWST aufgeschlagen. Das ist natürlich ein Wahnsinn. So fahren die Spanier ihre Autos bis zum gnadenlosen auseinanderfallen. Und wenn ein Wagen einen Unfall hatte, dann fährt es sich auch gut ohne Stoss-Stange und ohne Kühlergrill. Die Karosse generell wird überbewertet. Hauptsache Coche.
Nebenbei werden auch Kratzer, Dellen oder sonstige Gebrauchsspuren einfach und stillschweigend ignoriert. Gut wird daran getan, keinen Gang einzulegen, wenn man seitwärts parkiert (oder parkt). So kann sich der jeweilige Vorder- oder Hintermann (je nach dem) sanft in den Parkplatz Ein- bzw. Ausschaukeln. Als wir dieses Manöver zum ersten Mal gesehen haben, sind wir fast von den Stühlen gefallen. Doch hier stört sich keiner daran, es ist halt einfach so. Wohl dem, der bei der Mietwagenfirma eine „All-Risk-Versicherung“ abgeschlossen hat. Die Mietwagenfirmen rechnen nämlich jeden Kratzer feinsäuberlich einzeln ab. Die kennen da kein Pardon. Kratzer nicht gesehen bei der Fahrzeugübernahme, nicht auf dem Übernahmeprotokoll vermerkt? Tja, Pech gehabt! Uns hat es zum Glück nicht betroffen, aber uns hat der Mieter vor uns in der Schlange (der war echt obersauer) wirklich leidgetan.
Zurück zum Thema, wir haben also diverse Marinas besucht, in Augenschein genommen, soweit möglich die Umgebung gecheckt, mit einigen Dauerliegern das Gespräch gesucht, Preise verglichen und sind dann zum Schluss gekommen; Unsere Marina für die nächsten Monate wird die in Valencia sein. Sie ist zwar nicht die Schönste, bietet auch nicht die beste Infrastruktur, aber für uns die optimale Lösung. Entscheid gefallen – nun heisst es, ein Wetterfenster für die Überfahrt nach Valencia abwarten. Wir haben echt stürmisches Wetter hier… Seit September sind die Götter der Meere und des Windes wohl ziemlich launisch.
Bis sich die Wellen beruhigt haben lassen wir es uns gut gehen, erkunden die kilometerlangen Strände, treffen uns mit Freunden aus der Schweiz, die zweitweise in Moraira leben und geniessen ein Cerveza an der „Strandbar“. Wie schön ist doch das Leben!
Die See hat sich endlich etwas beruhigt – und wir brennen nun endlich darauf in unser neues Daheim in Valencia zu kommen. Bei Tagesanbruch brechen wir auf und hoffen erneut, etwas segeln zu können. Diesmal werden wir nicht enttäuscht. Leider können wir nicht so viel segeln wie wir es gerne getan hätten, immerhin als schöner Abschluss – ein paar Meilen waren uns gegönnt.
Auf dem Weg nach Valencia überfahren wir den 0 Grad Meridian. Nun heissen unsere Koordinaten Nord & West und nicht mehr Nord & Ost.
Für uns irgendwie ein spezieller Moment, sind wir doch gestartet bei:
45° 33 N / 013° 35 E
via
37° 08 N / 016° 19 E (südlichster Punkt)
und nun (in Valencia) zwischengelandet in:
39° 27 N / 000° 18 W
Zurück zur Überfahrt nach Valencia: Äusserst erstaunlich ist - keine der Seekarten (wir haben drei verschiedene Papierkarten) und ebenso die Plotterdaten (elektronische Seekarte) stimmen mit der aktuellen Betonnung des Hafens und deren Ansteuerung überein. So ein Kuddelmuddel von Nord- und Südtonnen, die gleich neben dem Molenfeuer stehen, eingezeichnete aber nicht existierende Untiefentonnen etc. haben wir echt noch nie gesehen. Wir laufen um halb fünf in unserem künftigen Daheim ein und werden vom sympathischen Chef-Marinero höchst persönlich in Empfang genommen. Wir sind happy und freuen uns darauf Valencia zu Erkunden.
Zeit kurz zurück zuschauen was in den vergangenen Wochen so passiert ist:
8. Mai Transport des Bootes nach Slowenien
12. Mai Einwassern in Koper
16. Juni Adios Slowenien ahoi Kroatien
10. Juli Adios Kroatien ahoi Italien
5. August Adios Italien (Sardinien) ahoi Spanien (Balearen)
26. September Adios Balearen ahoi Festland
Während dieser Zeit haben wir 2‘272 Seemeilen (4‘208 km) zurückgelegt:
656 sm unter Segeln
1‘616 sm unter Motor
Eine eher traurige Segelbilanz. Doch das kommt davon, wenn man entgegen besseren Wissens - einen Termin & einen Ort für einen Mitseglertörn vereinbart. Dann hat man leider keine Möglichkeit auf gute bzw. bessere Wetterfenster zu warten. Sondern muss dann los, wenn es terminlich am besten passt, um Reservetage für Schlechtwetter in Petto zu halten - und die darf man keinesfalls zugunsten eines besseren Wetterfensters verschenken. Ein typischer Anfängerfehler. Das wird uns so schnell nicht wieder passieren.
Wir waren in dieser Zeit insgesamt 107 Tage in 48 Etappen unterwegs.
Davon:
28 Nächte in der Marina
37 Nächte an der Boje
35 Nächte vor Anker
7 Nächte unterwegs
Und haben ca. 265 Stunden unter Motor zurückgelegt und rund 964 Liter Diesel verbraucht.
Dass wir in Valencia ankommen – und quasi Überwintern - würden, hätten wir ja nie im Leben vermutet. Das Schöne am Reisen ist, man weiss bekanntlich nie so genau wohin der Wind einen schlussendlich trägt. Wichtig ist und bleibt, offen zu bleiben für das was kommt und nicht zu bedauern, was anders gekommen ist. Wir freuen uns auf weitere wunderbare Monate auf dem Mittelmeer, welches traumhafte Perlen der Welt beheimatet. Lediglich die aktuelle politische Lage diverser Länder, angrenzend an das Mittelmeer, stimmt uns doch sehr nachdenklich.
Unsere Marina Real Juan Carlos 1
Leider schlafen wir hier nicht wie in Abrahams Schoss. Die Marina ist schwell-sensibel, da der Erbauer der Marina (America‘s Cup Gewinner der Alinghi Ernesto Bertarelli) die Hafeneinfahrt ein wenig unglücklich konzipiert hat. Da es sich aber um die (königliche) Marina Real Juan Carlos 1 handelt, die damals für den Americas Cup von Alinghi erbaut wurde, spielt der Schwell eine sekundäre Rolle (zumindest für die Alinghi). Traurig, dass die beiden Rümpfe der Alinghi nun am Land ausgeschlachtet vor sich hin rotten. Die Gebäude, die damals wohl ziemlich florierten, zerfallen und der Formel1-Kurs, der auf der Strasse noch gut sichtbar ist, ist auch Geschichte. So viel Geld wurde mal ausgegeben für solche „Kurz-Events“ und die Marinabetreiber haben nun alle Hände voll zu tun, das grosse Areal in Schuss zu halten.
Wer hier mehr über die Geschichte lesen möchte:
http://marinarealjuancarlosi.com/la-marina/americas-cup/?lang=en
Ein grosser Frachthafen liegt direkt neben unserer Marina, der die ganze Nacht und das Wochenende über rumort, Sirenen heulen und Motoren lärmen - stört unsere Nachtruhe. Wir sind uns diese zivilisieren Geräusche gar nicht mehr gewohnt. Aber wo hat es schon keine Nachteile. Wir werden uns schon an die neue Umgebung gewöhnen.
Die Wege sind, wie bereits angedeutet weit, aber etwas Bewegung schadet ja bekanntlich nicht und so erkunden wir die Gegend zu Fuss und finden auch gleich ein Tourist-Office, wo wir uns mit Kartenmaterial, Metro-Stationen, Ausflugsbussen (Hopp-On/Hopp-Off), Velo-Verleih etc. eindecken.
Die Metro fährt pünktlich und zum Flughafen dauert es ca. 70 min. inkl. 20 min. Fussmarsch zur Metrostation. Für uns die perfekte Location! Und so entschliessen wir uns, ein Auto zu Mieten, um die Umgebung noch besser erkunden zu können. Dank der aktuellen „Ausser-Saison“ werfen die Autovermieter einem die Coches fast nach, so dass wir von den Schnäppchenpreisen profitieren können. Autofahren in Valencia ist eine vollkommen andere Dimension als wir es uns in Nordeuropa gewohnt sind. Es führen pro Fahrtrichtung 3-5 spurige Strassen durch die Stadt. Die Strassenkonzeption ist irgendwie gewachsen und der Not geschuldet konzipiert worden.
Anstatt Kreuzungen gibt es unglaublich riesige bis 10-spurige Kreisel, die keine Spurmakrierungen aufweisen. Aus drei spurigen Strassen können 6-8 spurige Kreisel angefahren werden, die dann manchmal 4-spurig weitergehen, manchmal gehen aber auch nur 2-Spuren in eine Richtung. Oft hat es ein- oder mehrere Rotlichter mitten im Kreisel, manchmal hat es um den Kreisel zu umrunden einen Hilfskreisel und es kann auch Vorkommen, dass mitten im Verkehrsfluss die Fussgänger auch noch grün haben. Zwischenzeitlich hat sich ein Gefühl für den Verkehrsfluss entwickelt und irgendwie funktioniert es mit einer Mischung aus Egoismus und Rücksichtnahme. Spannend ist der Feierabendverkehr, wenn auf einer 7spurigen Strasse plötzlich auch noch in der 3ten Reihe angehalten wird (und zwar links und rechts der Strasse) und der Verkehr somit auf 3 Spuren komprimiert wird. Das wird selbst den Spaniern dann doch zu viel und sie drücken dann deutlich und langanhaltend die Hupe. Wir befürchten, dass wir zu Hause mit grösserem Frustpotential mit dem Auto unterwegs sein werden, die Befolgung der Regeln könnte durchaus etwas grosszügiger ausgelegt werden…
In der Marina Norte, in welcher wir uns befinden, ist immer viel los. Sie ist stark frequentiert von Nicht-Böötlern und neben Halbmarathon-Rennen finden auch diverse Parties etc. statt. Da die Marina unweit des Strandes liegt ist sie auch ein Naherholungsgebiet für die Einheimischen. Es wird gefischt, gejoggt, Velo- Rollerblades gefahren oder einfach spaziert, ein Café Leche oder ein Cerveza genossen.
Wir fühlen uns in Valencia sehr wohl und haben uns gut eingelebt. Die Spanier sprechen kaum Englisch und unser Spanisch ist ja auch gleich null - somit ist die Verständigung schwierig. So haben wir beim Orange-Telefonshop mit geöffnetem Google-Translator die Konversation geführt. Wir in Englisch und die freundliche Bedienung in Spanisch. Das hat gut funktioniert, doch für uns war das ein Zeichen: So kann es nicht weitergehen. Wir müssen Spanisch lernen. Und nun drücken wir wieder die Schulbank!
Ist gar nicht so einfach eine Sprache von Grund auf zu lernen. Wir können ja weniger als jedes Kleinkind. Das Wichtigste können wir zwar (ein Bier bestellen!) aber ansonsten… Und so gehen wir nun wieder in die oder wie es korrekt heissen würde: zur Schule *Zwinker an meine ehemaligen ArbeitskollegInnen*
Die Lehrerinnen Maria und Ines geben sich alle Mühe, uns die Aussprache und Grammatik zu vermitteln. Wir versuchen Wörtchen zu Pauken und Verben zu konjugieren. Ein weiter Weg liegt vor uns. Aber die Spanier sind ein freundliches und hilfsbereites Völkchen. Sie hören sich unsere Bemühungen geduldig an und geben l a n g s a m Auskunft und unterstützen uns tatkräftig mit der Korrektur der schwierigen Aussprache. Nie geben sie einem das Gefühl peinlich zu sein. Obwohl sie bestimmt innerlich vor Lachen auf dem Rücken liegen (müssen). Einmal haben wir – als Hausaufgabe – im Lidl andere Kunden gefragt, was Kürbis auf Spanisch heisst. Natürlich fanden das alle Spanier spannend und wir hatten innerhalb von Sekunden die Aufmerksamkeit der Käufer auf unserer Seite. Wir haben die Lidl-Besucher bespasst, in dem wir übten – „Calabaza“ korrekt auszusprechen. Das hilfsbereite Spanier-Paar hat nicht locker gelassen, bis sie mit unserer (also Sibylles) Aussprache zufrieden waren. Patrik lässt solche Situationen lieber auf sich wirken.
Wir waren in einem Restaurant und haben unser Gelerntes getestet und nach Lehrbuch zwei Kaffee Latte bestellt. Der Waiter darauf hin: „Two coffees with milk“… hm. Nicht aufgeben, also haben wir gefragt, wo die Toiletten sind. Darauf bekamen wir die Antwort wieder in Englisch. Wir dachten und befürchteten unser Spanisch sei grottenschlecht, falsch und unverständlich. Aber beim nächsten Besuch im selben Restaurant haben wir dem Waiter erzählt, dass wir Spanisch lernen und dabei hat er mitgeteilt, dass er seinerseits am Englisch lernen sei und mit uns Englisch üben wollte…!
Also jeder, der mal Lust auf einen Kurztrip hat, Valencia ist ein lohnendes Ziel. Schöne Altstadt, Kultur (aber doch nicht zu viel), gute Tapas & Weine, und klar auch Paella in allen Variationen, angenehmes Klima, Strand und Mee(h)r.
Langsam zieht auch hier der Winter ein, die Tage werden kürzer und sind auch merklich kühler geworden. Und so haben wir entschieden, wir müssen mal etwas Ferien machen. Ferien von den Ferien, sich verwöhnen lassen - Ferien an der Sonne. Wir werden hier berichten!